Jahresrückblick einer Südwind-Aktivistin: ganz und gar ERNÄHRUNGSSOUVERÄN!!

„Ernährungssouveränität ist das Recht der Völker auf gesunde und kulturell angepasste Nahrung, nachhaltig und unter Achtung der Umwelt hergestellt. […] Sie ist das Recht der Bevölkerung, ihre Ernährung und Landwirtschaft selbst zu bestimmen. Ernährungssouveränität stellt die Menschen, die Lebensmittel erzeugen, verteilen und konsumieren, ins Zentrum der Nahrungsmittelsysteme, nicht die Interessen der Märkte und der transnationalen Konzerne.“ (Deklaration des weltweiten Forums für Ernährungssouveränität, die 2007 im Rahmen des Nyéléni-Forums in Mali verabschiedet wurde.)

Das Jahr 2014 war für mich eindeutig das Jahr der Ernärungs-souveräntiät. Als ich im Jänner 2014 anfing gleich ein paar meiner Neujahrsvorsätze umzusetzen – einerseits „dem Supermarkt den Rücken zuzukehren und stattdessen meine Lebensmittel über eine FoodCoop und solidarische Landwirtschaft (CSA) zu beziehen“, und andererseits „mal etwas veganer zu werden“ – war ich schnell und ohne es wirklich zu merken ziemlich tief drinn im Nyéléni Prozess. Dieser erreichte im April mit dem 1. österreichweiten Forum für Ernährungssouveränität – Nyéléni Austria Forum 2014 – einen supergalaktischen Höhepunkt: 250 Menschen aus allen Bundesländern und aus den verschiedensten Bereichen und Organisationen (Bauern und Bäuerinnen, AktivistInnen, WissenschaftlerInnen, Kochende & Essende, etc.) kamen in Goldegg zusammen um über die aktuelle Situation des Lebensmittel- und Agrarsystems sowie die notwendigen Vernetzungsstrategien Richtung „Agrarwende“ zu diskutieren. In ganz Österreich haben sich regionale Gruppen gebildet, die seither einzelne Projekte zu verwirklichen und die Bewegung in ihrer Region zu stärken versuchen. Irgendwann wurde in diesem Zusammenhang dann – im Frühsommer wenn ich mich richtig erinnere – ein AgrarAttacie aus mir.

Es hat mich umso mehr gefreut, dass im September Süd-Wind durch den Themendschungel des globalen (und lokalen) Ernährungssystems fegte: Die Südwind-Academy 2014 fand unter dem Titel „Essen.isst.Global“ statt und war (abgesehen vom leider teilweise etwas versalzenen Essen. [Der Koch schien zu bezweifeln, dass vegetarische/vegane Gerichte tatsächlich nach etwas schmecken]) ein riesen Erfolg. Seither verkleid ich mich gemeinsam mit den Südwind AktivistInnen zu Anlässen wie etwa dem Protest gegen TTIP als Bäuerin oder Chlorhuhn um auf diverse Themen aufmerksam zu machen. „Weltverbessern“ kann kaum spaßiger sein!

Im Herbst traf sich meine Nyéléni-Regionalgruppe leider ohne mich in der Arche Noah. (Ich hab den einzigen Zug nach Schiltern verpasst. Dafür hab ich mich dann um das Ticket-Geld am Wiener Schwendermarkt mit Lebensmittel eingedeckt. War auch ok.) Ende November wächst und gedeiht die Bewegung für Ernährungssouveränität noch einmal mehr: Das Nyéléni-Austria Herbsttreffen fand im WUK statt. Altbekanntes sowie neues Gemüse tauschte sich mit internationalen Gästen inhaltlich und methodisch aus um gemeinsam die nächsten Schritte zu gehen. Nach Berichten und Updates aus den Regionen und den Projektinitiativen wurden schließlich anstehende strategische Fragen im Plenum geklärt.

Am 1. Dezember luden schließlich die Stadt Wien und Südwind zur entwicklungspolitischen Fachtagung zum Thema ins Rathaus. „Seit 7 Jahren veranstaltet Südwind nun zusammen mit der Stadt Wien diese Veranstaltung, aber noch nie war sie dermaßen gut besucht. Das zeigt die Kraft dieser Bewegung“, hoffe ich Moderatorin Renate Sova von Südwind Wien richtig zu zitieren. Teile der WUK-Fraktion diskutierten mit (weiteren) international renommierten RednerInnen am Podium über politische und wirtschaftliche Interessenskonflikte in der Produktion und Verteilung von Nahrungsmitteln sowie die verschiedenen zivilgesellschaftlichen Gegenbewegungen zur zunehmenden Konventionalisierung und Industrialisierung in diesen Bereichen. Dabei stand die Suche nach gemeinsamen Lösungswegen im Vordergrund. In der Pause stellten sich (bei leider ziemlich vom Thema abweichendem Buffet) zahlreiche Initiativen zur Sicherung der Ernährungssouveränität vor: FoodCoops, die CSA Mogg, Stadtfrucht, AgrarAttac, FIAN, etc… Als Conclusio der Tagung durfte ich ein weiteres Mal glücklich feststellen, dass Alternativen wie Solidarische Landwirtschaft, Saatgutbanken, Urbane Landwirtschaft und Lebensmittelkooperativen stark im Wachsen sind. Als der leidenschaftliche Redner Andrea Ferrantes (Mitglied der Europäischen Koordination Via Campesina) die Ernährungssouveränitätsbewegung dann auch noch mit der weltweiten Friedensbewegung der 60er Jahre verglich, war mir letztendlich nach John-Lennon-Hören zumute.

Zum Abschluss: Es geht bei „Ernährungssouveränität“ nicht bloß darum gesunde Bio-Produkte zu beziehen, sondern es geht vielmehr um einen Demokratisierungsprozess!! Es geht um einen Kampf gegen multiple Krisen (ökologische, ökonomische, politische, soziale…) und darum gegen die Ausbeutung von Menschen, Tieren und natürlichen Ressourcen in der Landwirtschaft vorzugehen. Ich nehm den abgewandelten Vorsatz „noch etwas veganer werden“ ins 2015er Jahr mit, genau so wie die Hoffnung darauf, dass immer mehr Leute endlich mal anfangen jene Menschen wertzuschätzen, die unsere LEBENsmittel anbauen und uns ERNÄHREN!

Also: POWER TO THE BAUER & einen guten Rutsch!!

Magdalena Scheicher,
aktiv bei AgrarAttac, Recht auf Stadt und Südwind

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